Was bedeutet reformiert?
Die Evangelisch-reformierten Kirchen (weltweit oft auch Presbyterianische Kirchen genannt) bilden eine der großen christlichen Konfessionen, die in der Reformationszeit
entstand und von Mitteleuropa aus nach Osteuropa, in die angelsächsische Welt (Großbritannien, Amerika), und in afrikanische und asiatische Länder ausstrahlte. Die reformierten/presbyterianischen Kirchen bilden die weltweit größte Gruppe in der Familie der evangelischen Kirchen.
Die reformierten Kirchen gehen vor allem auf das Wirken von Ulrich Zwingli in Zürich und Johannes Calvin in Genf und deren Nachfolgern zurück, also auf den schweizerischen Zweig der Reformation.
Die Evangelisch-reformierte Kirche ist in unserem Land ebenso wie Evangelisch-Lutherische und Unierte Kirchen eine Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die meisten reformierten Kirchen sind heute in der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen zusammengeschlossen.
In der reformierten Theologie steht - bei aller inneren Differenziertheit durch die Jahrhunderte - Jesus Christus als das lebendige Wort Gottes und die Bibel in all ihren Teilen als das letztgültige Zeugnis von diesem Wort im Zentrum.
Auch die Selbstbezeichnung als “gemäß dem Wort Gottes reformierte Kirche” und die Ablehnung, der Kirche den Namen eines Menschen, etwa einer Gründerpersönlichkeit,
zu geben, erklären sich von daher.
Im Ernstnehmen des 2. Gebotes biblischer Zählung (Gebot, keine Bilder zu machen und zu verehren) sind reformierte Kirchenräume - insofern ähnlich den Synagogen- im Grundsatz schlicht, ohne Bilder und Skulpturen, gestaltet. Sie sind auf Kanzel (Verkündigung), Abendmahlstisch und Taufbecken (Sakramente) ausgerichtet.
Die Reformierten ordnen die Sakramente der Verkündigung zu; die Gegenwart Christi im Abendmahl ist dabei, grob gesagt, nicht als leibliche Gegenwart in den Elementen (Brot und Wein) verstanden, sondern als geistliche Gegenwart (geistliche Realpräsenz) in der am Tisch des Herrn versammelten und feiernden Gemeinde.
In der Geschichte der reformierten Theologie hat zeitweise die Vorstellung einer ewigen göttlichen Vorherbestimmung (Prädestination) zum Heil oder Unheil, ohne dass Menschen diese irgendwie beeinflussen könnten, eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Dies ist als eine theologische Ausformung der gemeinreformatorischen Lehre von der Alleinwirksamkeit der Gnade Gottes (sola gratia) zu verstehen.
War für Martin Luther die Frage nach dem “gnädigen Gott” von existentieller Bedeutung und Vorrangigkeit, fragten die Schweizer Reformatoren mit gleichem Ernst nach den Früchten dieser Gnade im Leben und Handeln der Christ*innen. Sie waren überzeugt, dass solche Früchte nicht ausbleiben können noch dürfen. Und sie sahen es als Aufgabe der Gemeindeleitung an, ein Leben gemäß der Weisung Gottes zu fördern und ein Leben im offenen Widerspruch dazu in der Gemeinde nicht zu dulden. Die sogenannte “Kirchenzucht” hatte allerdings oft einen moralistischen Charakter und war in der Praxis der handelnden Personen wohl auch nicht frei von Heuchelei. Das Anliegen, welches ihr zugrundeliegt, bewegt die Reformierten (und nicht nur sie) gleichwohl auch aktuell: Es ist - in heutigen Worten ausgedrückt - das Anliegen eines glaubwürdigen Lebens in der Nachfolge Jesu Christi.
Weitere Kennzeichen der Evangelisch -
reformierten Kirche sind:
- Pfarrer*innen und Gemeindeleitung (Presbyterium) werden von den wahlberechtigten Gemeindegliedern gewählt.
- Die Gemeindeleitung ist auf Kollegialität und Gleichberechtigung angelegt. Alle Presbyter*innen einschließlich der Pfarrer*innen haben gleichermaßen eine Stimme.
- Alle Gemeinden sind gleichberechtigt, keine darf Vorrang oder Vorrechte gegenüber anderen beanspruchen.
- Die Gemeinden regeln ihre Angelegenheiten im Grundsatz selbständig durch ihre Leitungsorgane, insbesondere das Presbyterium (“presbyteriale” Ordnung)
- Was nicht in oder von einer Gemeinde allein geregelt werden kann, wird durch die Versammlung von gewählten Vertreter*innen der Gemeinden (z.B. eines Kirchenkreises oder einer Landeskirche) entschieden. Diese Versammlung nennt sich Synode, was soviel heißt wie ‘gemeinsamer Weg (“synodale” Ordnung)